Im dritten Teil unserer Serie Lehrlinge möchten wir die Möglichkeiten der Auflösung eines Lehrverhältnisses aufzeigen:
Eine Kündigung des Lehrvertrages, wie sie im Dienstverhältnis möglich ist, ist im BAG nicht vorgesehen. Das BAG kennt lediglich folgende Beendigungen des Lehrverhältnisses:
- die automatische Endigung des Lehrverhältnisses aus den im Gesetz vorgesehenen Gründen (§ 14 BAG),
- die vorzeitige Auflösung in der Probezeit (§ 15 Abs 1 BAG),
- die einvernehmliche Auflösung (§ 15 Abs 1 BAG)
- die einseitige vorzeitige Auflösung durch den Lehrberechtigten oder den Lehrling (§ 15 Abs 3 und 4 BAG)
- sowie den Ausbildungsübertritt (§ 15a)
Die Auflösung des Lehrverhältnisses kann nur schriftlich erfolgen. Dies gilt für alle Auflösungsgründe. Unter Schriftlichkeit ist „Unterschriftlichkeit“ zu verstehen, d.h. die Auflösungserklärung muss vom Lehrling oder Lehrberechtigen unterschrieben werden.
Bei Minderjährigen Lehrlingen ist zu beachten, dass für die vorzeitige Auflösung des Lehrverhältnisses durch den Lehrling die Zustimmung beider Elternteile notwendig ist, wenn beide mit der Obsorge betraut sind.
1. Automatische Endigung des Lehrverhältnisses
Die Endigung des Lehrverhältnisses gemäß § 14 BAG erfolgt durch Umstände, welche unabhängig vom Willen der Vertragspartner auf das Lehrverhältnis einwirken und dieses automatisch beenden.
1.1. Ablauf der Lehrzeit
Das Lehrverhältnis ist ein befristetes Arbeitsverhältnis, das grundsätzlich durch Zeitablauf endet. Nach Ablauf der im Lehrvertrag festgelegten Lehrzeit endet daher das Lehrverhältnis automatisch ohne dass es einer speziellen Auflösungserklärung bedarf. Die Endigung tritt auch ein, wenn der Lehrling die Berufsschule noch nicht beendet hat und die Lehrabschlussprüfung noch nicht absolviert hat.
1.2. Erfolgreicher Abschluss der Lehrabschlussprüfung
In diesem Fall endet das Lehrverhältnis mit Ablauf der Woche, in der die Prüfung erfolgreich abgelegt wurde. Dies bedeutet, dass erst der Montag der Folgewoche der erste Tag des Dienstverhältnisses als Facharbeiter/Angestellter ist.
Mit Übernahme ins Facharbeiter/Angestelltendienstverhältnis erhält der Dienstnehmer auch den Lohn eines Facharbeiters/Angestellten. Mit dem Tag der Übernahme beginnt auch die Behaltepflicht zu laufen.
Beispiel:
Der Lehrling legt am Dienstag erfolgreich die Lehrabschlussprüfung ab. Am Sonntag dieser Woche endet das Lehrverhältnis automatisch. Am Montag darauf beginnen die Behaltepflicht und das Dienstverhältnis.
Auf weitere Gründe wird hier nicht weiter eingegangen, da sie in der Praxis selten vorkommen und daher immer einer intensiven Beratung bedürfen.
2. Auflösung während der Probezeit
Die Probezeit beträgt beim Lehrling drei Monate. Während dieser Probezeit kann das Lehrverhältnis von beiden Seiten ohne Angabe von Gründen aufgelöst werden. Zur Auflösung in der Probezeit ist, so wie bei allen Auflösungen des Lehrverhältnisses, die Schriftform erforderlich. Die schriftliche Auflösungserklärung muss spätestens zum Ende der Probezeit dem Vertragspartner zugegangen sein.
Ist der Lehrling Minderjährig braucht er für die Auflösung in der Probezeit die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (sind beide Eltern mit der Obsorge betraut, die Zustimmung beider Eltern).
3. Einvernehmliche Auflösung
Die einvernehmliche Lösung des Lehrverhältnisses ist jederzeit möglich, muss jedoch schriftlich erfolgen. Bei minderjährigen Lehrlingen ist die Zustimmung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten notwendig.
Vor Unterschrift des Lehrlings muss eine Amtsbestätigung des ASG oder der Arbeiterkammer vorliegen, dass der Lehrling über den Bestandschutz des Lehrverhältnisses belehrt wurde. Falls diese Bescheinigung nicht vorliegt, ist die einvernehmliche Auflösung des Lehrverhältnisses rechtsunwirksam.
4. Vorzeitige Auflösung
Entlassung – vorzeitiger Austritt
Eine einseitige vorzeitige Auflösung durch den Lehrberechtigten und dem Lehrling ist bei Vorliegen eines wichtigen taxativ aufgezählten Grundes nach § 15 BAG möglich.
Diese Gründe sind den vorzeitigen Auflösungsgründen bei normalen Mitarbeitern ähnlich.
Folgende Besonderheiten sind zu beachten:
Beim Lehrling ist ein ungerechtfertigter vorzeitiger Austritt durch nachrichtenloses Fernbleiben vom Dienst nicht möglich, da in diesem Fall jedenfalls keine schriftliche Austrittserklärung vorliegt. Selbst ein längeres unentschuldigtes Fernbleiben kann eine schriftliche Austrittserklärung keinesfalls ersetzen. Im Falle eines unentschuldigten Fernbleibens ohne Grund kann daher der Dienstgeber nur von sich aus die vorzeitige Auflösung erklären – mit allen Risiken, die bei diesem Entlassungsgrund vorliegen.
5. Ausbildungsübertritt
Der Ausbildungsübertritt ist eine außerordentliche Auflösungsmöglichkeit am Ende des ersten und zweiten Lehrjahres, die zusätzlich an die Voraussetzung eines zuvor durchgeführten Mediationsverfahrens geknüpft ist. Eine außerordentliche Auflösung durch einen minderjährigen Lehrling bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
Sowohl der Lehrberechtigte als auch der Lehrling können das Lehrverhältnis
- zum Ablauf des letzten Tages des 12. Monats der Lehrzeit und
- zum Ablauf des letzten Tages des 24. Monats der Lehrzeit
einseitig außerordentlich auflösen.
Dabei ist die Frist von einem Monat sowie ein mehrstufiges Verfahren einzuhalten.
5.1. Mitteilung der Auflösungsabsicht
Der Lehrberechtigte hat spätestens am Ende des 9. bzw. 21. Lehrmonats die Mitteilung
- über die Absicht einer außerordentlichen Auflösung und
- die geplante Aufnahme eines Mediationsverfahrens
nachweislich dem Lehrling, der Lehrlingsstelle und (soweit existent) dem Betriebsrat sowie dem Jugendvertrauensrat zu übermitteln.
Der Lehrling kann in der Folge die Teilnahme am Mediationsverfahren schriftlich ablehnen, die Ablehnung aber innerhalb einer Frist von 14 Tagen schriftlich widerrufen.
5.2. Auswahl eines Mediators
Der Lehrberechtigte hat einen Mediator vorzuschlagen. Dieser muss in der Liste der Mediatoren (http://www.mediatoren.justiz.gv.at/) eingetragen sein.
Aufgabe des Mediators ist es, als fachlich ausgebildeter, neutraler Vermittler die Kommunikation zwischen Lehrberechtigtem und Lehrling mit dem Ziel zu fördern, eine selbst verantwortete Lösung ihres Konfliktes zu ermöglichen.
Lehnt der Lehrling den Mediator unverzüglich ab, hat der Lehrberechtigte zwei weitere Mediatoren vorzuschlagen. Wählt der Lehrling keine dieser Personen unverzüglich aus, gilt der Erstvorschlag als angenommen.
5.3. Mediationsverfahren
Der Lehrberechtigte hat den Mediator spätestens am Ende des 10. bzw. 22. Lehrmonats mit der Mediation zu beauftragen. In die Mediation sind einzubeziehen:
- der Lehrberechtigte,
- der Lehrling,
- bei Minderjährigkeit des Lehrlings der gesetzliche Vertreter und
- auf Verlangen des Lehrlings eine Person seines Vertrauens.
Die Kosten des Mediationsverfahrens trägt der Lehrberechtigte.
Das Mediationsverfahren endet spätestens mit Beginn des 5. Werktages vor Ablauf des 11. bzw. 23. Lehrmonats durch Zeitablauf.
Voraussetzung für dieses „automatische“ Ende des Mediationsverfahrens ist zumindest ein Mediationsgespräch unter Teilnahme des Lehrberechtigten oder des Ausbilders.
Ein Ende der Mediation tritt vor diesem Zeitpunkt ein, wenn
- der Lehrberechtigte sich zur Fortsetzung des Lehrverhältnisses bereit erklärt, oder
- der Lehrling erklärt, nicht weiter auf der Fortsetzung des Lehrverhältnisses zu bestehen, oder
- der Mediator das Mediationsverfahren für beendet erklärt.
Wird im Zuge des außerordentlichen Auflösungsverfahrens eine einvernehmliche Auflösung vereinbart, setzt diese voraus, dass der Lehrling eine Bescheinigung über seine Belehrung durch Gericht oder Arbeiterkammer vorlegt.