Obwohl es in Österreich grundsätzlich keine Kündigungsgründe gibt, kann trotzdem eine ausgesprochene Kündigung gegenüber einem Dienstnehmer ausnahmsweise angefochten werden.
Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?
Eine Kündigungsanfechtung kann grundsätzlich nur in betriebsratspflichtigen bzw. betriebsratsfähigen Betrieben erfolgen. Ein Betrieb ist dann betriebsratspflichtig bzw. betriebsratsfähig, wenn mindestens fünf volljährige, vom Arbeitgeber familienfremde Arbeitnehmer beschäftigt werden. Für die Möglichkeit zur Kündigungsanfechtung ist es aber unbeachtlich, ob ein Betriebsrat auch tatsächlich besteht.
Als Anfechtungsgründe kommen
- verpönte Motive,
- Sozialwidrigkeit oder
- sonstige unzulässige
Gründe in Betracht.
Thema 1: Motivkündigung
Als erstes Thema möchten wir uns den Kündigungsanfechtungen aus verpönten Motiven widmen. Die Rechtsgrundlage dafür ist der § 105 ArbVG.
Wann liegt ein verpöntes Motiv vor?
Als verpönte Motive gelten insbesondere aus nachstehenden Gründen:
- Beitritt, Tätigkeit in einer Gewerkschaft oder Mitgliedschaft des Arbeitnehmers zu Gewerkschaften
- Beispiel: ein Mitarbeiter tritt der Gewerkschaft bei und wird aus diesem Grund gekündigt
- Bewerbung um eine Mitgliedschaft zum Betriebsrat
- Beispiel: ein Arbeitgeber erfährt, dass sich ein Mitarbeiter voraussichtlich als Betriebsrat bewerben will und kündigt ihn deswegen
- Einberufung einer Betriebsversammlung, Mitglied des Wahlvorstandes,..,
- Beispiel: ein Mitarbeiter bereitet eine Betriebsratswahl vor und wird deswegen gekündigt
- Tätigkeit als Sicherheitsvertrauensperson oder Sicherheitsfachkraft,
- bevorstehende Einberufung zum Präsenzdienst,
- Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche durch den Arbeitnehmer,
- Beispiel: ein Arbeitnehmer macht gerechtfertigt die Bezahlung von Überstunden geltend und wird aus diesem Grund gekündigt
- Geltendmachung von Ansprüchen wegen Gleichbehandlung.
Es genügt, wenn der Arbeitnehmer das Vorliegen eines verpönten Motivs glaubhaft macht und der Arbeitgeber kein anderes nicht verpöntes Motiv ausreichend bescheinigen kann. Bloße Behauptungen des Arbeitgebers genügen nicht.
Innerhalb welcher Frist muss der Arbeitnehmer die Klage eingebracht haben?
- In Betrieben ohne Betriebsrat: Innerhalb von 2 Wochen ab Zugang der Kündigung
- In Betrieben mit Betriebsrat:
- Bei Schweigen oder keiner Erklärung des Betriebsrats zur Kündigung innerhalb von 2 Wochen,
- bei ausdrücklichem Widerspruch des Betriebsrats gegen die Kündigung innerhalb der ersten Woche vom Betriebsrat selbst, sollte dieser nicht anfechten und der Arbeitnehmer ein Verlangen auf Anfechtung gestellt haben, hat er danach noch 2 Wochen Zeit, die Kündigungsanfechtungsklage einzubringen
Wer trägt die Kosten des Verfahrens?
Im Verfahren selbst muss jede Partei die eigenen Kosten selbst tragen, das heißt, es gibt selbst bei Prozessgewinn keinen Kostenersatz von der Gegenseite. Für die Klage fällt keine Pauschalgebühr an.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber das Verfahren verliert?
Verliert der Arbeitgeber das Kündigungsanfechtungsverfahren, muss er das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fortsetzen. Die bereits erfolgte Endabrechnung ist aufzurollen und die Entgeltansprüche für die Zwischenzeit sind nachzuzahlen.